Ein Unternehmen zu kaufen, kann attraktiv sein. Dafür muss es aber das Richtige sein. Oft sehen Sie vom Verkäufer viele schöne Zahlen. Auf die folgenden 7 Punkte sollten Sie aber besonders achten. Denn diese werden in der Euphorie eines Unternehmenskaufs oft vergessen.
Punkt 1: Die Wahl der richtigen Unternehmensbewertung
Sie werden es vielleicht nicht glauben, aber es gibt in der Betriebswirtschaft mehr als 20 verschiedene Systeme, wie Sie den Wert eines Unternehmens ermitteln können. In der Theorie sollten all diese Verfahren zum selben Ergebnis kommen – schließlich kann ein Unternehmen nur einen gewissen Wert haben.
In der Praxis ist das leider so gut wie nie der Fall. 20 Verfahren liefern Ihnen 20 verschiedene Ergebnisse.
Wie sollten Sie daher vorgehen?
Sehen Sie sich an, welches Bewertungsverfahren das richtige für Sie ist. Das klingt leichter gesagt als getan. Ich möchte Ihnen daher drei Überlegungen mitgeben:
- Ist das Unternehmen zukunftsorientiert?
- Genießt das Unternehmen praktisch “Blue-Chip-Status”?
- Wie lange gibt es das Unternehmen bereits?
Gehen wir davon aus, dass das Unternehmen auf das Sie ein Auge geworfen haben, seit 40 Jahren als Büropapierproduzent auf dem Markt ist. Dieser Markt wird jedoch durch die Digitalisierung kleiner. Immer mehr Unternehmen stellen auf das papierlose Büro um oder denken zumindest darüber nach.
Handelt es sich bei dem Unternehmen praktisch um einen “Blue-Chip-Kandidaten”, der vielfältig in verschiedenen Märkten (z.B. neben Büropapier, noch Verpackungen, Logistik uvm.) tätig ist und nicht vom Papiermarkt abhängig ist, dann ist dieses Unternehmen ganz anders zu behandeln als das oben genannte. Es ist dann so, dass hier bereits viel Substanz vorhanden ist. Gleichzeitig bedeutet das allerdings auch, dass vermutlich auch keine großen Sprünge mehr in naher Zukunft möglich sind.
Je nachdem, wie Sie diese drei Fragen beantworten, eignet sich vielleicht das eine oder das andere Bewertungssystem für Ihre Kaufentscheidung besser. Im Detail sind vermutlich auch noch einige weiteren Fragen für die Bewertungsgrundlage ausschlaggebend. Wichtig ist, dass Sie ein Bewertungsverfahren finden, mit dem Sie nicht zu viel bezahlen.
Punkt 2: Hat das Unternehmen Steuerschulden?
Das ist ein wirklich heißes Thema, denn viel zu oft geht der Blick beim Kauf nur in Richtung Umsatz, Gewinn, Werte und rosige Prognosen. Mögliche Steuerschulden, die diese oft schönen Zahlen aber deutlich schmälern würden, werden gerne übersehen.
Für Sie als Käufer ist das aber extrem wichtig: Sie kaufen nämlich die Steuerschulden bei der Unternehmensübernahme mit. Und zwar genau alle Steuerschulden, mindestens aber die, die innerhalb der letzten 12 Monate vor dem Kauf entstanden sind.
Lassen Sie sich also auf jeden Fall diese Zahlen und den letzten Steuerbescheid zeigen, um hier nicht einen sprichwörtlichen Stolperstein für die Unternehmenszukunft zu übersehen.
Punkt 3: Kaufen Sie das Richtige an und in einem Unternehmen?
Hier stellt sich die Frage, was für den Kauf besser geeignet ist. Ein sogenannter Asset-Deal oder ein Share-Deal.
Was heißt das? Bei einem Share-Deal kaufen Sie die Anteile am (gesamten) Unternehmen (zum Beispiel beim Mantel einer GmbH). Aber denken Sie daran, faktisch kaufen und bezahlen Sie für das, was in der GmbH drinnen ist – obwohl Sie rechtlich nur die Anteile kaufen!
Bei einem Asset-Deal gehen nur gewisse Vermögensgegenstände (wie Grundstücke, Gebäude, Maschinen, Patente etc.) auf Sie über. Hier kaufen Sie gerade nicht den Mantel, sondern kaufen und bezahlen unmittelbar für Vermögensgegenstände. Sie können hierrüber auch den nicht bilanzierten “good will” (=Firmenwert) kaufen und bilanzierungs- und abschreibungsfähig machen. Findet dabei zugleich ein Betriebsübergang statt, betrifft das auch die Arbeitsverhältnisse. Am Ende kann die Verkäufer-GmbH nur noch als Hülle übrig bleiben. Ein Asset-Deal lässt die Möglichkeit offen, ob Sie als Erwerber gewisse Verbindlichkeiten und Risiken übernehmen oder nicht.
Punkt 4: Bestehen noch “versteckte” Pensionsverpflichtungen?
Dafür gilt es zu erklären, dass es Pensionsverpflichtungen geben kann, die für Sie als Käufer nicht so leicht zu erkennen sind. Bei Betrieben gibt es nämlich 2 Arten von Pensionen, die Sie beim Kauf einrechnen müssen:
1. Pensionszusagen: Diese erkennen Sie leicht an der Rückstellung in der Bilanz.
2. Verpflichtungen aus der Unterstützungskasse: Diese müssen nicht rückgestellt werden, sondern können beispielsweise als Versicherung in den Betriebsausgaben stecken. Dabei müssen Sie genau hinsehen.
Warum ist diese zweite Art so gefährlich? Die Gefahr liegt in der Natur des Marktes. Stellen Sie sich vor, die Verpflichtung beträgt 3.000 Euro pro Monat für Mitarbeiter X. Dafür wurde vor 25 Jahren eine Versicherung abgeschlossen, die das ermöglichen sollte. Das dafür überlegte Zinsmodell ging aber nicht auf.
Die Versicherung stellt Ihnen nun einen Kapitalstock zur Verfügung, der 1.300 Euro pro Monat ermöglicht. Die restlichen 1.700 Euro müssen Sie als Käufer dieser Firma nun tragen.
Daher: Gibt es Pensionsverpflichtungen, die für Sie als Käufer nicht einsichtig sind – vor allem wenn es die ehemaligen Gesellschafter oder Geschäftsführer betrifft – sollten Sie sich dieser entledigen.
Punkt 5: Gibt es noch weitere Verpflichtungen wie Lebensarbeitskonten, Bürgschaften etc.?
Kaufen Sie ein Unternehmen, müssen Sie alle Verpflichtungen sehr genau unter die Lupe nehmen.
Ziehen wir als Beispiel Lebensarbeitskonten heran: Dabei geht es um eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Bei dieser wird Mehrarbeit nicht in Geld, sondern als Zeit angespart. Das heißt: Der Arbeitnehmer konnte die geleistete Mehrarbeit ansparen und um diese Mehrarbeitszeit früher in Rente gehen.
Hat sich ein Arbeitnehmer zum Beispiel 4 Jahre Zeit erarbeitet, muss er nicht erst mit 67, sondern kann bereits mit 63 Jahren in Rente gehen. Der Arbeitgeber muss dann das Gehalt für diese 4 Jahre aus dem Spartopf auszahlen, ohne dass der Arbeitnehmer noch Arbeit leistet.
Für Sie als Käufer heißt das: Wenn das Geld für dieses Lebenskonto nicht dafür zur Seite gelegt wurde, müssen Sie es als neuer Inhaber aus Ihrer Tasche zahlen, obwohl dieser Arbeitnehmer keine Arbeit mehr für Sie erbringt.
Punkt 6: Welche Finanzierungsform ist die richtige für Sie?
Das ist bei einem Unternehmenskauf gar nicht so einfach, wie man oft meint. Grundsätzlich gibt es drei Modelle:
1. Sie legen das Geld auf den sprichwörtlichen Tisch: Damit tragen Sie vollständig das Risiko. Geht das gekaufte Unternehmen pleite, ist Ihr Geld weg. Allerdings: Es ist auch die günstigste Variante ein Unternehmen zu kaufen.
2. Sie nehmen einen Bankkredit auf: Bei dieser Variante benötigen Sie nur ein gewisses Maß an Eigenkapital. Das Risiko eines Verlustes teilen Sie sich somit mit der kreditgebenden Bank. Allerdings: Meist müssen Sie den Teil der Bank mit Werten absichern, welche den Geldwert, den Sie geliehen bekommen übersteigen. Und: Geht alles gut, haben Sie mehr bezahlt als hätten Sie das Geld gleich auf den Tisch gelegt.
3. Sie nehmen einen staatlich geförderten Kredit auf: Hier übernimmt eine sogenannte Bürgengemeinschaft über 80 Prozent des Ausfallrisikos. Sie können sogar als Förderung Geld wie Eigenkapital bekommen. Im Ergebnis bleiben Sie bei einer Pleite somit maximal auf 20 Prozent des Finanzierungsbetrags sitzen. Hier muss man nur wissen, dass man neben den meistens extrem günstigen Bankzinsen auch eine “Gebühr” an die Bürgengemeinschaft bezahlen muss. Man hat auch gewisse Reporting-Pflichten ihr gegenüber. Dadurch entstehen Mehrkosten, was den Kredit unter Umständen teurer macht, als man denkt.
Zusammenfassend kann man sagen: Das Eigenkapital hat am meisten Risiko, ist aber die billigste Variante; der Bankkredit liegt in der Mitte; und der Förderkredit ist vom Handling her der Aufwendigste.
Für Sie ist es wichtig, die Risiken genau abzuwägen und die für Sie möglichen Varianten zu vergleichen. Nicht, dass Sie beispielsweise am Ende eines Förderkredits enttäuscht sind, weil Sie sich Kosten hätten sparen können oder die Bürde falsch eingeschätzt hatten.
Punkt 7: Kaufbare Verlustvorträge vs. steuerfreie Sanierungsgewinne
Wenn Sie ein GmbH-Unternehmen mit Verlusten kaufen, können Sie die Verlustvorträge der Vorjahre übernehmen. Allerdings müssen Sie dabei 5 Jahre vorausdenken. So lange dürfen Sie nämlich bei Übernahme der Verlustvorträge keinen steuerfreien Sanierungsgewinn beantragen.
Was heißt das? Wenn Sie ein Unternehmen mit Verlusten kaufen, gibt es im Handels- und Steuerrecht die Möglichkeit diese Verluste ins nächste Geschäftsjahr zu übertragen. Das heißt: Bei einem Gewinn im nächsten Geschäftsjahr wirken diese gewinnmindernd – ähnlich wie eine normale Betriebsausgabe. Da der Gewinn niedriger ist, wird auch die Steuerlast gesenkt.
Da dadurch Verluste ein Unternehmen für einen Käufer interessant machen können, werden diese Verlustvorträge praktisch mitgekauft. Allerdings gibt es mittlerweile eine Ausnahme. Wenn Sie innerhalb der ersten 5 Jahre nach dem Kauf durch eine Sanierung sogenannte Sanierungsgewinne erzielen, ist das nicht zulässig.
Da diese Sanierungsgewinne auch steuerfrei sein können, zwingt Sie der Gesetzgeber zu entscheiden: Entweder Sie beanspruchen die kaufbaren Verlustvorträge oder die Sanierungsgewinne für Ihren Steuervorteil. Beides geht nicht.
Haben Sie die kaufbaren Verlustvorträge eingesetzt und erzielen innerhalb der nächsten 5 Jahre bei einer Sanierung Sanierungsgewinne, kommt der Steuergesetzgeber nämlich wieder auf den Verkäufer zurück und beansprucht KöSt, sowie andere Steuerleistungen. Sie als Käufer wären dann wiederum dem Verkäufer verpflichtet. Ein Rechtstreit scheint vorprogrammiert, wenn Sie das nicht beim Kauf schon vertraglich regeln…
Fazit: Schauen Sie beim Unternehmenskauf wirklich genau hin
Diese 7 Punkte, die Sie beim Unternehmenskauf nicht vergessen sollten, kenne ich aus meiner täglichen Arbeit als ich noch als Unternehmensberater selbständig tätig war (Febr. 1995 – Januar 2006) und kann ihnen hier mit viel Erfahrung und Wissen zu Seite stehen. Ich hatte mich zur Zeit, bevor ich Steuerberater wurde, auf Unternehmensbewertungen, betriebswirtschaftliche Steuerpolitik -und damit auf sämtliche Finanzierungs- und Verkäufer-/Erwerbermodelle spezialisiert. Ich habe früh erkannt, dass sich Probleme in der Zeit nach dem Kauf meist auf die Nicht-Beachtung dieser 7 Punkte zurückzuführen sind.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesem Beitrag einen guten Einblick in die Komplexität eines Unternehmenskauf geben und Sie auf wichtige Stolperfallen hinweisen.
Sollten Sie weiterführende Fragen haben, die ich in diesem Beitrag nicht beantwortet habe, nehmen Sie bitte mit mir Kontakt auf: Telefon (+49 40 44 33 11), E-Mail (anfrage@steuerberatung-breit.de) oder Kontaktformular.
Herzlichst,
Ihr Thomas Breit
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