Stellen Sie sich vor, Sie sind Inhaber eines gut laufenden Einzelunternehmens und erwirtschaften jedes Jahr solide Gewinne. Doch bei der Steuererklärung stellt sich heraus: Die Abgabenlast ist enorm, denn neben der Einkommensteuer zahlen Sie auch noch kräftig Gewerbesteuer. Ein großes Ärgernis, oder? Doch zum Glück berücksichtigt das Finanzamt die Gewerbesteuer zum großen Teil oder sogar vollständig – quasi wie eine Einkommensteuervorauszahlung. Es nutzt die Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer, um so Ihre Steuerlast erheblich zu senken. Wie das geht, erfahren Sie in diesem Beitrag!
Wie funktioniert die Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer?
Wenn Sie als Einzelunternehmer Gewerbesteuer zahlen oder Gesellschafter einer Personengesellschaft sind, die Gewerbesteuer abführt, wird ein Teil dieser Steuer auf Ihre Einkommensteuer angerechnet. Das ist keine Option, sondern gesetzlich so vorgesehen. Der Gesetzgeber hat dies eingeführt, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden. Denn Sie zahlen sowohl auf Ihre Gewinne Einkommensteuer als auch Gewerbesteuer. Die Anrechnung erfolgt bis zu einem bestimmten Betrag, nämlich dem 4-fachen des Gewerbesteuermessbetrags (vgl. § 35 EStG).
Beispiel für die Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer
In diesem Beispiel beträgt der Gewerbesteuermessbetrag 3.000 Euro. Sie dürfen maximal das 4-fache dieses Betrags – also 12.000 Euro – auf Ihre Einkommensteuer anrechnen.
Nun betrachten wir zwei Szenarien, basierend auf unterschiedlichen Hebesätzen der Gewerbesteuer in Ihrer Gemeinde.
Fall a) Hebesatz von 220%
In einer Gemeinde mit einem Hebesatz von 220 Prozent fällt eine Gewerbesteuer von 6.600 Euro an (3.000 x 2,2).
Sie können Ihre Einkommensteuer um die vollen 6.600 Euro mindern, da dieser Betrag das 4-fache Ihres Gewerbesteuermessbetrags (12.000 Euro) nicht übersteigt.
Fall b) Hebesatz von 470% (z.B. Hamburg)
In einer Stadt wie Hamburg mit einem Hebesatz von 470 Prozent beträgt die Gewerbesteuer 14.100 Euro (3.000 x 4,7).
Auch hier können Sie einen Betrag in der Höhe vom bis zu 4-fachen des Gewerbesteuermessbetrags, also 12.000 Euro, auf die Einkommensteuer anrechnen. Allerdings liegt die berechnete Gewerbesteuer bei 14.100 Euro. Das bedeutet, dass nur 12.000 Euro auf die Einkommensteuer angerechnet werden können. Die übrigen 2.100 Euro werden nicht über eine Einkommensteuerminderung neutralisiert; mit diesem Steuerbetrag sind Sie also insgesamt mehr belastet.
Wichtig zu beachten
Die Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer kann Ihre Steuerlast senken, aber sie kann Ihre Einkommensteuer nicht unter 0 Euro drücken. Das bedeutet, dass die Anrechnung keine Erstattung auslöst. Es wird also immer sichergestellt, dass die Gewerbesteuer nicht zu einer negativen Einkommensteuer führt.
Für wen gilt diese Vorschrift?
- Einzelunternehmen: Bei jedem Einzelunternehmer, der Gewerbesteuer zahlt, wird diese angerechnet.
- Personengesellschaften: GbR, KG, GmbH & Co. KG oder OHG – die Minderung erfolgt anteilig bei den einzelnen Gesellschaftern.
Kapitalgesellschaften wie GmbHs und AGs sind von dieser Regelung ausgeschlossen, da sie nicht der Einkommensteuer, sondern der Körperschaftsteuer unterliegen. Freiberufler sind ebenfalls ausgeschlossen, da sie keine Gewerbesteuer zahlen.
Voraussetzungen für die Anrechnung
Damit die Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer funktioniert, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Gewerbesteuerpflicht: Sie müssen tatsächlich Gewerbesteuer gezahlt haben.
- Einkommensteuerpflicht: Die Minderung kann nur auf die Einkommensteuer erfolgen.
- Korrekte Steuererklärung: Der Gewerbesteuermessbetrag muss korrekt ermittelt und in der Steuererklärung angegeben werden.
Beispiel aus der Praxis
Michael ist Inhaber eines Buchhaltungsservice in Hamburg und hat im letzten Jahr einen Gewinn von 80.000 Euro erzielt. Abzüglich des Freibetrags von 24.500 Euro bleiben 55.500 Euro, für die er Gewerbesteuer abführen muss.
Der Gewerbesteuermessbetrag liegt bei 3,5 Prozent – das sind 1.942,50 Euro. Der Hebesatz von Hamburg liegt bei 470 Prozent.
Und so sieht die Rechnung aus:
80.000 Euro (Gewinn) – 24.500 Euro (Freibetrag) = 55.500 Euro
Davon 3,5 Prozent = 1.942,50 Euro
1.942,50 Euro x 4,7 (Hebesatz) = 9.129,75 Euro (zu zahlende Gewerbesteuer)
Einkommensteuerminderung: maximal das 4-fache von 1.942,50 Euro = 7.770 Euro
Es bleibt also ein Rest von 1.359,75 Euro (nicht entlastete Gewerbesteuer).
Grenzen der Anrechnung
Die Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer ist nicht unbegrenzt möglich. Der Höchstbetrag, den Sie anrechnen können, ist auf das 4-fache des Gewerbesteuermessbetrags beschränkt. Übersteigt Ihre gezahlte Gewerbesteuer diesen Höchstbetrag, bleibt der überschüssige Teil unberücksichtigt und führt zu keiner Entlastung in der Einkommensteuer.
Zudem erfolgt die Anrechnung nur bis zur Höhe Ihrer tatsächlich zu zahlenden Einkommensteuer. Wenn Ihre Einkommensteuer geringer ist als die anrechenbare Gewerbesteuer, bleibt der restliche Betrag ungenutzt. Eine Rückerstattung oder Übertragung auf andere Steuerjahre ist nicht möglich. Deshalb ist es wichtig, die genaue Berechnung durchzuführen und eventuelle Verluste oder Besonderheiten frühzeitig zu berücksichtigen, um die Anrechnung optimal zu gestalten.
Typische Fallstricke bei der Anrechnung
Es gibt einige Stolperfallen, die Unternehmer bei der Anrechnung der Gewerbesteuer vermeiden sollten:
- Falsche Berechnung des Messbetrags: Die Berechnung führt das Finanzamt aus, daher können Sie diesen Fehler nicht selbst begehen. Natürlich muss der Gewerbesteuermessbetragsbescheid geprüft werden.
- Fehlende oder falsche Angaben in der Steuererklärung: Ihre Aufgabe besteht darin, im Einkommensteuerbescheid zu überprüfen, ob die Minderung tatsächlich erfolgt ist. Hierbei hat man aber abweichend von der 1-monatigen Einspruchsfrist eine Frist von 4 Jahren.
- Verlustvorträge und -rückträge: Wenn Sie Verluste vortragen oder zurücktragen, kann dies die Anrechnung negativ beeinflussen.
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