Sie sind Unternehmer und möchten nach jahrzehntelanger, harter Arbeit bald Ihren wohlverdienten Ruhestand genießen? Sie sind sich aber nicht sicher, ob Sie Ihren Betrieb verkaufen oder verschenken können. Vor allem wenn Ihr Betrieb eng mit Ihrem guten Namen verbunden ist, kann sich ein Verkauf schwierig gestalten. Ob eine Betriebsaufgabe (auch Betriebsauflösung genannt) eine gute Alternative ist? Welche Steuern kommen bei der Betriebsaufgabe auf Sie zu?
In meinem Alltag als Steuerberater für Steuergestaltung und Steuerplanung sehe ich leider sehr oft, dass Unternehmer nach jahrelanger, erfolgloser Suche nach einem Nachfolger entnervt sind und ernsthaft darüber nachdenken, den Betrieb einfach zu schließen. Das Problem: Die meisten Unternehmen sind nicht ausreichend informiert über die steuerlichen Konsequenzen einer sog. Betriebsaufgabe. Besonders die Aufgabebilanz, die im Zuge der Betriebsaufgabe erstellt werden muss, birgt viele Tücken.
Die Erstellung einer Aufgabebilanz kann schnell zur steuerlichen Stolperfalle werden. In diesem Beitrag erfahren Sie, was eine Betriebsaufgabe/Betriebsauflösung ist, was Sie bezüglich der Betriebsaufgabe & Steuern wissen müssen (inkl. Beispielen), und wie Sie Fallstricke bei der Aufgabebilanz vermeiden können.
Dieser Beitrag wurde am 11.03.2024 aktualisiert.
Was ist eine Betriebsaufgabe?
Die Begriffe “Betriebsaufgabe” und “Betriebsauflösung” beziehen sich auf den Prozess, bei dem ein Unternehmer seinen Geschäftsbetrieb dauerhaft einstellt. Das bedeutet, dass sämtliche wirtschaftliche Aktivitäten des Unternehmens eingestellt werden und die Rechtsform des Unternehmens erlischt. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine Betriebsaufgabe sind in § 16 (3) EStG festgelegt.
In meiner beruflichen Praxis habe ich häufig beobachtet, dass Unternehmen die Begriffe “Betriebsaufgabe”, “Betriebsveräußerung” und “Betriebsunterbrechung” miteinander verwechseln oder durcheinanderbringen. Daher möchte ich noch kurz auf die unterschiedlichen Begriffe eingehen, bevor wir uns eingehender mit den Gründen einer Betriebsaufgabe und dem Thema “Betriebsaufgabe und Steuern” beschäftigen.
Wichtig: Betriebsaufgabe ≠Betriebsunterbrechung
Eine Betriebsaufgabe bedeutet die dauerhafte Einstellung sämtlicher wirtschaftlicher Aktivitäten eines Unternehmens.
Im Gegensatz dazu steht die Betriebsunterbrechung, bei der der Geschäftsbetrieb vorübergehend stillgelegt wird, beispielsweise aufgrund von Renovierungsarbeiten oder einer vorübergehenden Marktsituation. Während bei der Betriebsaufgabe die Rechtsform des Unternehmens erlischt, bleibt diese bei einer Betriebsunterbrechung unverändert bestehen.
Wichtig: Betriebsaufgabe ≠ Betriebsveräußerung:
Die Begriffe “Betriebsaufgabe” und “Betriebsveräußerung” beziehen sich auf verschiedene rechtliche und steuerliche Konzepte.
Eine Betriebsaufgabe bezeichnet die dauerhafte Einstellung des gesamten Geschäftsbetriebs. Im Gegensatz dazu steht die Betriebsveräußerung, die den Verkauf einzelner Betriebsbestandteile oder des gesamten Unternehmens an einen Dritten beschreibt.
Während eine Betriebsaufgabe oftmals auf eine willentliche Entscheidung des Inhabers zurückzuführen ist, kann eine Betriebsveräußerung strategisch motiviert sein, beispielsweise im Rahmen eines Unternehmensverkaufs oder -übergangs.
Häufigste Gründe für eine Betriebsaufgabe:
In der Praxis gibt es zwei häufige Gründe, die zu einer Betriebsaufgabe führen:
Grund #1 für eine Betriebsaufgabe – Willentliche Entscheidung des Inhabers:
Schließt ein Unternehmer seinen Betrieb aufgrund ausbleibender Gewinne oder der Tatsache, dass er keinen geeigneten Nachfolger findet, wird hier von einer Betriebsaufgabe durch willentliche Entscheidung gesprochen. Diese Form der Betriebsaufgabe ist in der Praxis am häufigsten anzutreffen.
Grund #2 für eine Betriebsaufgabe – Entziehung mindestens einer wesentlichen Betriebsgrundlage:
Ein anderer Grund für eine Betriebsaufgabe ist es, wenn dem Unternehmen mindestens eine wesentliche Betriebsgrundlage entzogen wird. Das ist z.B. der Fall bei einer missglückten Umwandlung. Nehmen wir an, ein Einzelunternehmer möchte zukünftig als GmbH firmieren. Er gründet also eine GmbH und führt seine Geschäfte in der GmbH weiter. Hier geht nicht nur eine Betriebsgundlage auf die GmbH über, sondern alle Betriebsgrundlagen gehen auf die GmbH über. Aber dem Einzelunternehmen fehlt dann damit mindestens eine wesentliche Betriebsgrundlage. Da er keine Einbringung in die GmbH gegen Kapitalerhöhung vorgenommen hat, greift das UmwStG nicht und sein Einzelunternehmen gilt als aufgegeben.
Das heißt: Die Besteuerung der stillen Reserven löst eine meist empfindliche Zahlung an das Finanzamt aus.
Betriebsaufgabe & Steuern: Steuerrechtliche Folgen einer Betriebsauflösung
Bei einer Betriebsaufgabe stehen Unternehmen vor steuerrechtlichen Konsequenzen, da gemäß § 16 EStG der Wert des Betriebsvermögens versteuert werden muss.
Trotz des scheinbar auf die “Veräußerung des Betriebs” beschränkten Wortlauts dieser Vorschrift ist zu beachten, dass die Betriebsaufgabe explizit als Veräußerung gilt. Der Hintergrund hierfür liegt in den Anschaffungskosten des Betriebsvermögens, die in der Vergangenheit den zu versteuernden Gewinn verringert haben.
Wenn das Betriebsvermögen zukünftig nicht mehr für betriebliche Zwecke genutzt wird, entfällt der Grund für die ursprüngliche Gewinnminderung. Selbst wenn der verbleibende Bestand des Betriebsvermögens nicht verkauft wird, übergeht er bei einer Betriebsaufgabe in das Privatvermögen des Unternehmers und erhöht damit den Einnahmenüberschuss des letzten Wirtschaftsjahres als “Aufgabegewinn”.
Für Unternehmer bedeutet das, dass sie bei einer Betriebsaufgabe den Aufgabegewinn sowie den laufenden Gewinn versteuern müssen. Der Aufgabegewinn entsteht durch stille Reserven, bei denen viele Wirtschaftsgüter in der Bilanz mit einem niedrigeren Wert als dem Verkehrswert bewertet werden. Gleiches gilt für Wertsteigerungen von Wirtschaftsgütern, insbesondere bei Grundstücken. Daher entspricht der Aufgabegewinn grundsätzlich der Summe der stillen Reserven.
Die Ermittlung des Aufgabegewinns erfordert daher die Erstellung der so genannten Aufgabebilanz. Dabei spielt es keine Rolle, in welcher Rechtsform der Betrieb geführt wurde. Das Finanzamt verlangt stets die Aufstellung einer Aufgabebilanz, um den Aufgabegewinn zu ermitteln.
Im Umkehrschluss heißt das: Auch Unternehmen, die bisher nicht zur Bilanzierung verpflichtet waren, müssen bei der Auflösung ihres Betriebs zur Bilanzierung übergehen. Hier ist es wichtig zu wissen, dass diese Aufgabebilanz steuerlich tückisch sein kann. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn einer dieser 3 Fälle eintritt:
- a.) Einzelunternehmen mit Betriebsimmobilie
- b.) hohe stille Reserven eines Betriebsvermögens (Bsp. Bitcoins)
- c.) bei Mitunternehmern von beschränkt haftenden Personengesellschaften (z.B.: GmbH & Co. KG) mit negativem Eigenkapital, da das neben den stillen Reserven auch zu versteuern ist (gilt nicht für oHG, GbR bzw. Komplementären).
Damit Sie nicht in diese Steuerfalle tappen, werde ich nun näher auf die Aufgabebilanz und deren steuerliche Aspekte eingehen.
Die Aufgabebilanz bei der Betriebsaufgabe
Was ist eine Aufgabebilanz?
Eine Aufgabebilanz wird erstellt, wenn ein Geschäft aufgelöst wird. Die Aufgabebilanz erfasst alle Gegenstände (aktive und passive) des Betriebsvermögens mit ihrem steuerlichen Wert. Der Saldo stellt dann das Eigenkapital dar.
Wie wird der Aufgabegewinn ermittelt?
Der Aufgabegewinn (auch Veräußerungsgewinn) ist der erzielte Gewinn bei der Betriebsaufgabe, durch den fiktiven Verkauf aller Vermögenswerte an sich privat. Dieser Gewinn wird dem Einkommen des Unternehmers hinzugerechnet und unterliegt der Einkommensteuer.
Die Differenz zwischen Buchwert und Erlös bzw. Übertragungswert ergibt den Aufgabegewinn.
Die Aufgabebilanz an einem Beispiel veranschaulicht:
Angenommen, ein Unternehmer beschließt, seinen Betrieb aufzugeben. Das Eigenkapital (=Wert des Betriebsvermögens) beträgt 100.000 Euro und der Marktwert der Gegenstände im Betriebsvermögen beträgt 190.000 Euro (zusätzlich nehmen wir an, dass die Aufgabe keine USt. auslöst). Dann beträgt der Aufgabegewinn 90.000 Euro (190.000 Euro -100.000 Euro).
Dieser steuerpflichtige Aufgabegewinn wird zusätzlich zum laufenden Gewinn dem Einkommen hinzugerechnet und unterliegt der Einkommensteuer. Er unterliegt jedoch nicht der Gewerbesteuer, falls ein gewerbliches Einzelunternehmen beendet wurde oder wenn ein Mitunternehmer aus der Personengesellschaft ausscheidet.
Freibetrag: Sonderregelungen beim Aufgabegewinn
Unter bestimmten Bedingungen können Sonderregelungen gelten. Wenn der Unternehmer 55 Jahre oder älter ist oder dauerhaft berufsunfähig, steht ihm ein Freibetrag von 45.000 Euro für den Aufgabegewinn zu. Dieser Freibetrag muss beantragt werden und gilt bis zu einem Aufgabegewinn von 136.000 Euro. Bei einem Gewinn über 181.000 Euro entfällt der Freibetrag.
Um die Sonderregelungen beim Aufgabegewinn zu verdeutlichen, erkläre ich es Ihnen wieder an einem Beispiel.
Nehmen wir an, der Unternehmer aus unseren Rechenbeispiel weiter oben wäre 58 Jahre alt. Der Aufgabengewinn betrug vorhin 90.000 Euro. Da ihm der Freibetrag von 45.000 Euro aufgrund seines Alters zusteht, muss er nur 45.000 Euro vom Aufgabegewinn versteuern (90.000 Euro ursprünglicher Aufgabegewinn abzüglich 45.000 Euro Freibetrag).
Betriebsaufgabe & Steuern: Kurz zusammengefasst
Die steuerlichen Auswirkungen einer Betriebsaufgabe lassen sich prägnant zusammenfassen:
Wird Ihr Unternehmen beendet, gehen alle Wirtschaftsgüter (Maschinen, Fahrzeuge, etc.) automatisch in Ihr Eigentum über. Rechtlich gesehen handelt es sich dabei um einen Verkauf zum derzeitigen Marktwert des jeweiligen Wirtschaftsguts.
Übersteigt dieser Marktwert den Buchwert, entsteht ein (fiktiver) steuerpflichtiger Gewinn. Auch wenn es diesen Gewinn in der Realität gar nicht gibt, müssen Sie darauf Steuern bezahlen.
Bei einer Betriebsaufgabe kann es deshalb passieren, dass Ihnen nach dem Ende Ihres Unternehmens noch mehrere Tausend Euro an Steuern drohen.
Diese Steuerzahlung kann als großer Nachteil angesehen werden, da Sie Steuern auf einen Gewinn zahlen, von dem Sie nur auf dem Papier profitieren. Echte Zahlungen an Sie fließen dabei nicht. Es kann Ihnen sogar passieren, dass Sie einen Teil Ihrer Wirtschaftsgüter zwischenlagern müssen und so zusätzliche Kosten für Sie anfallen.
Außerdem müssen Sie eine Aufgabebilanz erstellen lassen. Auch dafür fallen Kosten an.
Sie sehen: Eine Betriebsaufgabe ist keine einfache und günstige Lösung, um Ihr Unternehmen zu beenden. Im schlimmsten Fall kommen Tausende Euro an Steuern, Verwaltungs- oder anderen Kosten für Sie zusammen.
Für mich ist eine Betriebsaufgabe deshalb nie ein gangbarer Weg und sollte immer vermieden werden. Aber welche Alternativen gibt es nun dazu? Ich gebe Ihnen einen kurzen Überblick über die 4 sinnvollsten Alternativen zur Betreibsaufgabe.
Das sind Ihre 4 besten Alternativen zur Betriebsaufgabe
Alternative #1 zur Betriebsaufgabe – Die Vererbung
Für viele Unternehmer ist die Vererbung die bevorzugte Alternative bei der Unternehmensnachfolge. Da hier in der Regel Ihre Kinder oder andere nahe Verwandte Ihren Betrieb übernehmen, ist die Übergabe bei dieser Nachfolge-Form relativ unkompliziert. Sie müssen nicht jahrelang nach einem Nachfolger suchen, sondern können Ihre Kinder schon früh auf die Übernahme vorbereiten.
Um Ihre Steuerlast zu minimieren, müssen Sie dennoch früh genug mit den Planungen beginnen. Nur so können Sie alle Freibeträge optimal ausnutzen.
Alternative #2 zur Betriebsaufgabe – Der Verkauf
Möchte keines Ihrer Kinder den Betrieb übernehmen, ist für viele Unternehmer der Verkauf die naheliegendste Option. Doch worauf müssen Sie hier achten? Und wie finden Sie einen passenden Käufer? Besonders die zweite Frage ist für viele Unternehmer ein schier unlösbares Problem. Deshalb habe ich schon vor einiger Zeit einen leicht verständlichen Beitrag zur Käufer-Suche verfasst.
Klicken Sie einfach auf den folgenden Link, um zu diesem Beitrag zu gelangen: Der Unternehmensverkauf: Alles, was Sie darüber wissen sollten!
Alternative #3 zur Betriebsaufgabe – Das Management Buy-Out
Ein Management Buy-Out ist der Unternehmensverkauf an einen Mitarbeiter. Anders als bei einem “normalen” Verkauf wird der Betrieb hier nicht an eine betriebsfremde Person, sondern an eine langjährige Führungskraft veräußert.
Worauf Sie hier im Detail achten müssen, habe ich Ihnen in diesem ausführlichen Beitrag zusammengefasst: Unternehmensverkauf an die Mitarbeiter: Das ist der größte Fehler beim Management-Buy-Out
Alternative #4 zur Betriebsaufgabe – Die Verschmelzung
Bei einer Verschmelzung wird Ihre Firma von einem anderen Unternehmen “geschluckt”. Sie erhalten als Gegenleistung keinen Verkaufspreis, sondern Anteile an der aufnehmenden Gesellschaft. So können Sie weiterhin am Wertzuwachs Ihres ehemaligen Unternehmens mitverdienen und genießen zudem noch attraktive Steuervorteile. Ein guter Steuerberater kann die Verschmelzung für Sie vorteilhaft gestalten.
Betriebsaufgabe ist keine sinnvolle Alternative zum Verkauf oder der Vererbung
Betriebsaufgaben lösen bei Ihnen für fiktive Verkaufsgewinne eine Steuerpflicht aus, ohne dass tatsächlich Geld an Sie fließt. Das heißt: Sie zahlen bei einer Betriebsaufgabe Steuern auf Gewinne, von denen Sie selbst nicht profitieren. Aus Ihrer Sicht ist eine Betriebsaufgabe deshalb immer ein Verlustgeschäft, dass vermieden werden muss. Eine Betriebsaufgabe ist wirklich nur dann eine Alternative, wenn Sie sämtliche anderen Optionen ausgeschöpft haben.
Sie haben weitere Fragen zur Betriebsaufgabe und deren steuerlichen Behandlung?
Wenn Sie noch mehr Fragen zur Betriebsaufgabe oder einer passenden Unternehmensnachfolge haben, dann können Sie sich gerne bei uns in der Kanzlei melden. Als langjähriger Experte kann ich Ihnen zeigen, worauf Sie konkret achten müssen und welche Alternative für Sie in Frage kommen könnte.
Für konkretes Beratungsgespräch können Sie meine Kanzlei jederzeit via Telefon (+49 40 443311), via E-Mail (anfrage@steuerberatung-breit.de) oder via Kontaktformular (hier klicken!) erreichen.
Herzlichst
Ihr Thomas Breit
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