Firmenübernahme Mitarbeiter Beitragsbild

Wissen für Unternehmer: Müssen Sie bei der Betriebsübernahme alle Mitarbeiter übernehmen?

Bei einer Betriebsübernahme sind die Mitarbeiter oft das sprichwörtliche “Zünglein an der Waage”. Denn Mitarbeiter sind einerseits oft Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg, andererseits oft einer der größten Ausgabeposten.

Die wichtigsten Grundüberlegungen zur Mitarbeiterübernahme beim Unternehmenskauf, erarbeite ich für Sie in diesem Beitrag.

Dieser Beitrag wurde am 12. Oktober 2022 aktualisiert.

Welche Übernahmemöglichkeiten gibt es überhaupt bei Betrieben?

Es gibt in Deutschland 2 Arten von Betriebsübernahmen: einen Asset-Deal oder einen Share-Deal. Um zu beurteilen, ob Sie alle Mitarbeiter übernehmen können, müssen Sie zuerst wissen, welchen Deal Sie durchführen möchten.

Der Share-Deal

Bei einem Share-Deal kaufen Sie Anteile an einer Kapitalgesellschaft (in Deutschland meist eine GmbH). Dabei werden formal immer die Anteile am ganzen Mantel der Kapitalgesellschaft eingekauft. Das heißt: Kaufen Sie 100 % der Anteile einer GmbH, kaufen Sie alles, was in dieser GmbH drinnen ist – auch die Mitarbeiter. Kaufen Sie einen gewissen Prozentsatz, so kaufen Sie zwar nur einen bestimmen Anteil an der Gesellschaft, aber mit allem was drinnen ist. Dazu gehört auch jeder Mitarbeiter, der in der Gesellschaft  zu diesem Zeitpunkt angestellt ist. 

Beim Share-Deal könnten Sie salopp sagen: Sie müssen immer alle Mitarbeiter übernehmen.

Der Asset-Deal

Bei einem Asset-Deal kaufen Sie “Gegenstände” aus einer Gesellschaft. Das heißt: Sie können einen einzigen Vermögensgegenstand (z.B.: nur ein Taschenrechner) bis hin zu allen Vermögenswerten der gesamten Gesellschaft kaufen. Wenn Sie sich jetzt denken sollten: “Das ist ja super! Ich kaufe bei Firma XY einfach nur das Patent und die Produktionsgeräte mit Lagerhallen für Produkt A als Asset-Deal. Gleichzeitig belasse ich die langjährigen, teuren Mitarbeiter beim Verkäufer”, haben Sie leider etwas zu kurz gedacht. So einfach ist das mit dem Asset-Deal dann doch nicht.

Beim Asset-Deal könnten Sie salopp sagen: Sind die Vermögensgegenstände für das Unternehmen wesentlich, kaufen Sie auch zwingend die Mitarbeiter mit.

Betriebsübernahme: Welche gesetzlichen Regeln gelten beim Asset Deal?

Um Lohndumping und große Arbeitslosigkeit im Land zu verhindern hat der Gesetzgeber einige Regulierungen am Arbeitsmarkt eingeführt. Hier greift §613a BGB. Ohne tiefer ins Detail gehen zu wollen, kann man zusammenfassend sagen: Wenn wesentliche Betriebsgrundlagen übernommen werden, müssen auch alle damit in Zusammenhang stehenden Mitarbeiter übernommen werden.

Die Wesentlichkeit eines Wirtschaftsguts wird aus zwei Merkmalen abgeleitet:

1. Merkmal: Wie wird das Wirtschaftsgut im Betrieb eingesetzt?

Wenn es sich beim Wirtschaftsgut um eine Maschine handelt, die für die Produktion benötigt wird, handelt es sich wahrscheinlich um eine wesentliche Betriebsgrundlage. Eine Reinigungsmaschine wird, je nach Betrieb, nicht zwingend benötigt und ist deshalb häufig keine wesentliche Betriebsgrundlage.

2. Merkmal: Sind in der Bewertung Ihrer Vermögensgegenstände stille Reserven enthalten?

Das Prinzip einer stillen Reserve ist einfach: Wenn ein Wirtschaftsgut bereits voll oder teilweise abgeschrieben ist und Sie bei einem eventuellen Verkauf einen höheren Preis als den Buchwert erzielen könnten, ist der Unterschied zwischen Verkaufspreis und Buchwert eine stille Reserve.

Angenommen Sie haben vor einigen Jahren eine Maschine für 400.000 Euro gekauft. Jetzt ist die Maschine durch die jährlichen Abschreibungen in ihren Büchern nur noch 200.000 Euro wert. Bei einem Verkauf könnten Sie aber einen Preis von 300.000 Euro erzielen. Die stille Reserve, die in dieser Maschine enthalten ist, beträgt also 100.000 Euro (300.000 Euro Verkaufspreis – 200.000 Euro Buchwert).

Bei Betriebsvermögen mit hohen stillen Reserven kann es sich unter Umständen auch um wesentliche Betriebsgrundlagen handeln.

Wichtig: Meine Ausführungen sind nur als Beispiele zu verstehen. Wann es sich tatsächlich um eine wesentliche Betriebsgrundlage handelt, kann nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden.

Kaufen Sie (für die Fortführung) nur unwesentliche Vermögensgegenstände, erwerben Sie keinen Betrieb und müssen daher auch keine Mitarbeiter übernehmen. Kaufen Sie hingegen mindestens einen wesentlichen Vermögensgegenstand, kaufen Sie auch einen Betrieb. In diesem Fall müssen Sie alle Mitarbeiter, die mit diesem Vermögensgegenstand in Verbindung stehen, mit übernehmen.

Betriebsübernahme und Mitarbeiter: Was dürfen Sie tun?

Nicht alle Mitarbeiter sind für Ihre Planung vorteilhaft. Aber was dürfen Sie bei einer Betriebsübernahme nun tun? Wie oben beschrieben, sind die Mitarbeiter durch §613a BGB geschützt. Da fährt die sprichwörtliche Eisenbahn darüber. Nicht alle Mitarbeiter sind für Ihre Planung vorteilhaft: Was dürfen Sie bei einer Betriebsübernahme tun?

Allerdings können Sie Mitarbeitern ein Vergleichsangebot unterbreiten, dass Sie dazu bewegt, dem Betriebsübergang – der rechtlich passiert – zu widersprechen. Dann fallen Sie im Rahmen eines Aufhebungsvertrags weg.  Die betreffenden Mitarbeiter werden jedoch nicht einfach so widersprechen. Sie müssen diesen etwas anbieten. Schließlich verzichtet niemand freiwillig auf eine (gute) Arbeitsstelle.

Dafür gibt es verschiedene Modelle: Abfindungsmodell, Abschichtungsmodell und das Altersvorsorgemodell. Diese Kosten sind ein (anderer) Teil ihres Kaufpreises für die wesentlichen Betriebsgrundlagen!

Apropos: Das Angebot an die Mitarbeiter sollte vor Kauf der Betriebsgrundlagen passieren.

Auf keinen Fall dürfen Sie bestehende Arbeitsverträge einfach so ändern und die Arbeitnehmer dadurch schlechter stellen. Ein solches Vorgehen ist rechtlich verboten.

Die Ausnahme bei der Betriebsübernahme: Betriebsbedingte Kündigung

Rechtlich gibt es nur einen wirksamen Grund, warum Sie Mitarbeiter bei der Betriebsübernahme kündigen dürfen: die betriebsbedingte Kündigung.

Betriebsbedingt ist eine Kündigung im Allgemeinen immer dann, wenn dringende, betriebliche Bedürfnisse vorliegen und keine Weiterbeschäftigung auf einem gleichwertigen, freien Arbeitsplatz im Unternehmen mehr möglich ist.

Beispielsweise hätte ein Autokonzern Sonderkündigungsmöglichkeiten, wenn der Markt für Auto XY nicht mehr vorhanden ist. Dann darf der Konzern alle Arbeitnehmer aus der Produktion von Auto XY kündigen, wenn diese Situation die Voraussetzungen für die betriebsbedingte Kündigung erfüllt.

Ein Grund für eine betriebsbedingte Kündigung liegt hingegen nicht vor, wenn Sie einen Betrieb übernehmen und durch die Synergien (zum Beispiel mit Ihrem vorhandenen Betrieb) etwa 20 Prozent an Arbeitskräften einsparen könnten.

In einem solchen Fall müssten Sie sich mit den Mitarbeitern mit einem Angebot wie oben beschrieben einigen und ausrechnen, was für Sie betriebswirtschaftlich langfristig günstiger ist.

Welche betriebswirtschaftlichen und/oder steuerrechtlichen Überlegungen gibt es?

Als Kaufmann möchten Sie nur kaufen, was Sie haben wollen. Über den gezwungenen Neben-Erwerb von Mitarbeitern haben Sie aber keine Entscheidungsgewalt? Was das Rechtliche anbelangt, stimmt das. Es stimmt aber nicht für den kaufmännischen Teil. Der Preis für die wesentlichen Betriebsgrundlagen sollte auch die Mehr-Kosten für die Abfindungsmodelle von Mitarbeitern beinhalten! Es ist eben nicht einfach nur ein Preis für einen (wesentlichen) Gegenstand.

Wie machen Sie das? Sie addieren zum Preis für die wesentlichen Betriebsgrundlagen die Kosten für die Mitarbeiter-Modelle. Mit diesem Verständnis können Sie ausrechnen, welche Modelle Sie den Mitarbeitern anbieten können, ohne am Ende zu viel zu bezahlen.

Steuerlich gibt es hier auch einen erheblichen Unterschied: Personalkosten mindern den Gewinn sofort, Kosten für die Anschaffung von Betriebsgrundlagen hingegen nicht (Kostenverteilung bei Betriebsimmobilien: 33,3 Jahre, bei Maschinen: kommt auf die Restnutzungsdauer an).

Das heißt: Sie bezahlen im Ergebnis nur den Preis für die Betriebsgrundlagen, schaffen sich aber sofort abzugsfähiges Verlustpotential.

Fazit: Übernahme mit Mitarbeitern nur mit Rechtsbeistand und genauer Kalkulation

Wie Sie sehen, gilt es bei einer Übernahme, bei der auch Mitarbeiter betroffen sind, einiges rechtlich und betriebswirtschaftlich zu beachten. Bitte verstehen Sie diesen Beitrag nicht als Ersatz für Rechtsberatung!

1. Ist mir das als Steuer- und Unternehmensberater gar nicht erlaubt und 2. war der Beitrag nur als eine Einführung in die rechtlichen Überlegungen gedacht.

Sie benötigen dafür unbedingt Unterstützung von einem versierten Anwalt im Bereich Arbeitsrecht. Betriebswirtschaftlich müssen Sie sich für die Übernahme ein Konzept und eine Kosten-Nutzen-Kalkulation für die betreffenden Mitarbeiter erarbeiten. Hier gilt es einmalig höhere Ausgaben gegen langfristig niedrigere genau abzuwägen und dann fundiert zu entscheiden.

Weitere hilfreiche Informationen zur Betriebsübernahme erhalten Sie hier:

Sie haben weitere Fragen rund um das Thema Betriebsübernahme?

Sollten Sie noch weitere Fragen zum Thema Betriebsübernahme und Mitarbeiter haben oder weiterführende Beratung benötigen, dann können Sie mich jederzeit via Telefon (+49 40 44 33 11), via E-Mail (anfrage@steuerberatung-breit.de) oder über das Kontaktformular kontaktieren.

Herzlichst,
Ihr Thomas Breit

Foto: © WavebreakMediaMicro – stock.adobe.com