Anwachsung: Diese 3 Vorteile bietet sie Ihnen bei der Umwandlung Ihres Unternehmens
Sie sind Inhaber einer Personengesellschaft wie zum Beispiel einer GbR oder einer oHG und möchten Ihren Betrieb in eine GmbH umwandeln? Sie haben in diesem Zusammenhang schon von einer Anwachsung bei Personengesellschaften gehört, wissen aber nicht, ob das tatsächlich eine lohnende Option bei der Unternehmensumwandlung ist?
Als Steuerberater in Hamburg habe ich bereits Dutzende Unternehmer in genau dieser Situation beraten. Die zahlreichen Vorteile einer GmbH wie die beschränkte Haftung, die zusätzlichen Möglichkeiten bei der Altersvorsorge und der Prestige-Gewinn klingen für fast jeden Inhaber verlockend.
Aber wie wandeln Sie Ihre jetzige Gesellschaft steuerschonend und mit geringem Aufwand in eine GmbH um?
Eine Möglichkeit, die sogenannte Anwachsung, stelle ich Ihnen in diesem Blogbeitrag vor.
Dieser Beitrag wurde am 20. Februar 2023 aktualisiert.
Was ist eine Anwachsung bei Personengesellschaften?
In Personengesellschaften wird das Vermögen als Gesamthandsvermögen bezeichnet, was bedeutet, dass einzelne Gesellschafter nicht frei darüber verfügen können. Zu einer Anwachsung kommt es also, wenn einer oder mehrere Teilhaber aus einer Gesellschaft ausscheiden. Der Anteil dieses Gesellschafters wird dann auf die anderen Gesellschafter aufgeteilt. Genau diese Aufteilung wird Anwachsung bezeichnet.
An einem Beispiel veranschaulicht:
Angenommen, eine GbR besteht aus 3 Gesellschaftern: A, B und C. Jeder von ihnen hat zum Start der Gesellschaft einen Anteil von jeweils 1/3 (=33,33%) am Gesamthandsvermögen.
Nun tritt Gesellschafter Caus der Gesellschaft aus. Aufgrund des Gesamthandsprinzips wächst sein Anteil von 1/3 am Gesamthandsvermögen automatisch den beiden verbleibenden Gesellschaftern A und B an. Jeder von ihnen erhält dadurch einen zusätzlichen Anteil von 1/6 (=16,66%) am Gesamthandsvermögen. Nach der Anwachsung besitzt Gesellschafter A nun einen Anteil von 1/2 am Gesamthandsvermögen (1/3 + 1/6), genauso wie GesellschafterB
An diesem Beispiel wird ersichtlich, dass sich die Zusammensetzung des Gesamthandsvermögens nicht ändert, sondern lediglich die Anteile der verbleibenden Gesellschafter an diesem Vermögen steigen.
Als Gegenleistung für die Anwachsung erhält der ausscheidende Gesellschafter eine Entschädigung, für das von ihm investierte Kapital (siehe auch § 738 BGB).
§ 738 (1) BGB: “Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, so wächst sein Anteil am Gesellschaftsvermögen den übrigen Gesellschaftern zu. Diese sind verpflichtet, dem Ausscheidenden die Gegenstände, die er der Gesellschaft zur Benutzung überlassen hat, nach Maßgabe des § 732 zurückzugeben, ihn von den gemeinschaftlichen Schulden zu befreien und ihm dasjenige zu zahlen, was er bei der Auseinandersetzung erhalten würde, wenn die Gesellschaft zur Zeit seines Ausscheidens aufgelöst worden wäre. Sind gemeinschaftliche Schulden noch nicht fällig, so können die übrigen Gesellschafter dem Ausscheidenden, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten.”
Der Gesellschafter muss dabei keine natürliche Person sein. Eine Anwachsung ist auch zwischen zwei Gesellschaften (in der Fachsprache auch juristische Personen genannt) möglich.
Wichtig: Eine Anwachsung ist nur bei Personengesellschaften möglich. Zu den Personengesllschaften gehören:
- KG
- oHG
- GbR
- GmbH & Co. KG
Wenn hingegen ein Gesellschafter bei einer Kapitalgesellschaft (GmbH oder AG) ausscheidet, gibt es keine gesetzliche Regelung, die besagt, dass seine Anteile automatisch an die anderen Gesellschafter übergehen.
Die Anwachsung bei der Unternehmensumwandlung [mit Fallbeispiel erklärt]
Nehmen Sie an, dass Sie zusammen mit einem Geschäftspartner eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) besitzen. Diese GbR möchten Sie jetzt in eine GmbH umwandeln.
Mit einer Anwachsung läuft die Umwandlung nun folgendermaßen ab:
1. Sie gründen parallel zu Ihrer GbR eine GmbH, an der Sie und Ihr Geschäftspartner beteiligt sind.
2. Diese GmbH wird Mitgesellschafterin Ihrer GbR. Die GbR hat jetzt demzufolge 3 Gesellschafter: Sie, Ihren Geschäftspartner und die GmbH.
3. Sie und Ihr Geschäftspartner treten aus der GbR aus. Damit ist die GmbH die letzte verbleibende Gesellschafterin der GbR.
4. Da Sie und Ihr Geschäftspartner aus der GbR ausgetreten sind, wachsen alle Anteile der GmbH an. Die GmbH besitzt jetzt das gesamte GbR-Vermögen.
5. Die GmbH tritt jetzt in die Fußstapfen der GbR und die GbR existiert nicht mehr.
Damit haben Sie Ihr Ziel erreicht: Ihr Unternehmen ist jetzt eine GmbH und die Unternehmensumwandlung ist abgeschlossen.
Achtung: Vermeiden Sie die “Steuerfalle” Betriebsaufgabe
Gehen Sie nicht genau nach diesem Muster vor, können Sie unabsichtlich eine sogenannte Betriebsaufgabe Ihrer GbR auslösen. In diesem Fall geht die GbR nicht in der GmbH auf, sondern wird ohne Nachfolge-Unternehmen beendet.
Für Sie bedeutet das eine hohe Steuerlast. Denn bei einer Betriebsaufgabe gehen alle Wirtschaftsgüter automatisch in Ihren Privatbesitz über. Ist der jetzige Marktwert dieser Wirtschaftsgüter höher als der Buchwert, entsteht ein fiktiver “Verkaufsgewinn” den Sie versteuern müssen.
Bei einer Anwachsung müssen Sie deshalb immer eine Betriebsaufgabe verhindern. Mein Rat lautet daher: Holen Sie sich bei der Unternehmensumwandlung mittels Anwachsung immer Hilfe von einem erfahrenen Steuerberater.
Das sind die 3 größten Vorteile der Anwachsung bei Personengesellschaften
Vorteil #1 Gesamtrechtsnachfolge:
Bei der Anwachsung gehen alle Rechte und Pflichten des alten Unternehmen “nahtlos” auf die neue Gesellschaft über.
Da hier ein Unternehmen in der neuen Gesellschaft “aufgeht”, laufen alle Verträge der alten Gesellschaft weiter. Für Sie ist das in der Regel ein großer Vorteil.
Denn würden die Verträge nicht weiterlaufen, hätte das eine zeit- und kostenintensive Konsequenz: Sie müssten alle Vertäge von Ihrem Rechtsanwalt neu aufsetzen lassen und eventuell müssten Sie die Vertragdetails mit Ihren Geschäftspartmüssten neu verhandeln.
Durch den nahtlosen Übergang ersparen Sie sich deshalb viel Zeit, Nerven und vor allem Geld.
Vorteil #2 Keine Steuern, wenn Sie die Anwachsung “sauber” durchführen
Bei einer Unternehmensumwandlung müssen Sie die oben angeführten Schritte penibel einhalten. Dann gilt für die Anwachsung § 20 UmwStG und Ihre Unternehmensumwandlung kann in der Regel steuerneutral durchgeführt werden.
Halten Sie diese Schritte nicht ein, nimmt das Finanzamt eine Betriebsaufgabe nach § 16 EStG an und Sie müssen die Anwachsung wie einen Unternehmensverkauf versteuern.
Vorteil #3 Unkomplizierter und kostengünstiger als eine Verschmelzung
Obwohl Sie sich bei der Anwachsung an die oben beschriebenen Schritte halten müssen, ist dieser Vorgang (fast) immer günstiger und schneller als eine Verschmelzung.
Denn bei einer Verschmelzung muss die Steuerbefreiung immer beantragt werden. In der Praxis wird leider oft auf diesen Antrag vergessen und die Verschmelzung wird wie ein normaler Verkauf versteuert.
Zusätzlich dazu müssen Sie auch wegen höherem Formaufwand (Notarielle Beurkundung, Erstellung eines Verschmelzungsberichts, Erstellung einer Verschmelzungsprüfung) mit einer längeren Dauer und Beratungskosten von mehreren Tausend Euro rechnen.
Der Spezialfall bei der Anwachsung: Die GmbH & Co. KG
Die GmbH & Co. KG ist durch ihre besondere Gesellschaftsstruktur ein Sonderfall. Anders als etwa bei einer GbR oder einer oHG sind (in der Regel) nicht nämlich nicht nur natürliche Personen an der Gesellschaft beteiligt.
Bei einer GmbH & Co. KG ist bereits immer eine GmbH als vollhaftender Komplementär beteiligt. Sie und mögliche Geschäftspartner sind Kommanditisten.
Bei diesem Spezialfall müssen Sie zwischen einfachen und erweiterten Anwachsungsmodell unterscheiden.
Das einfache Anwachsungsmodell
Wenn Sie und Ihre Partner aus der GmbH & Co. KG austreten, wird dieser Vorgang als einfaches Anwachsungsmodell bezeichnet. Ihre Anteile gehen an den verbleibenden Komplementär (=die GmbH). Die GmbH ist somit der letzte verbleibende Gesellschafter. Mit der Konsequenz, dass von der ursprünglichen GmbH & Co. KG nur noch die GmbH übrig bleibt.
Anders als bei einer KG, oHG oder KG ist dieser Ablauf allerdings nicht steuerneutral.
Der Grund: Beim Austritt werden Ihre stillen Reserven aufgedeckt und müssen mit Ihrem Einkommensteuersatz versteuert werden. Je nach Höhe Ihrer stillen Reserven müssen Sie hier mit Kosten von Tausenden Euro rechnen.
Das erweiterte Anwachsungsmodell
Ihre Alternative zum einfachen Anwachsungsmodell ist das erweiterte Anwachsungsmodell. Dank eines in der Theorie relativ einfachen “Tricks” ist die erweiterte Anwachsung steuerfrei. Um diesen Trick umzusetzen müssen Sie folgendermaßen vorgehen:
- Sie führen bei der Komplementär GmbH der GmbH & Co. KG eine Kapitalerhöhung durch und legen Ihre Anteile an der GmbH & Co. KG so in die GmbH ein.
- Für das von Ihnen eingezahlte Kapital erhalten Sie Anteile an der GmbH.
Das Resultat: Die stillen Reserven werden hierbei nicht aufgedeckt und sind nicht zu versteueren. Ihre durchgeführte Anwachsung ist jetzt laut § 20 UmwStG steuerneutral.
Fazit: Anwachsung ist eine gute Alternative bei der Unternehmensumwandlung einer Personengesellschaft
Wenn Sie Ihre Personengesellschaft (GbR, oHG, KG oder GmbH & Co. KG) steuerschonend und ohne großen Verwaltungsaufwand in eine GmbH umwandeln möchten, ist eine Umwandlung mittels Anwachsung in der Regel eine gute Option.
Durch die sogenannte Gesamtrechtsnachfolge laufen alle Verträge normal weiter und müssen nicht angepasst, neu aufgesetzt oder gar neu ausverhandelt werden. Zusätzlich kann eine Anwachsung steuerneutral durchgeführt werden.
Das heißt, dass für die Umwandlung keine Steuerzahlung fällig wird.
Trotz dieser Vorteile sollten Sie Ihre individuelle Situation immer vom einem erfahrenen Steuerberater prüfen lassen. Denn es kann durchaus vorkommen, dass für Ihr Unternehmen eine andere Art der Umwandlung besser geeignet ist.
Pauschal zu behaupten, dass eine Anwachsung für Sie immer die beste Lösung wäre, ist definitiv zu kurz gegriffen.
Sie haben weitere Fragen zur Anwachsung?
Wenn Sie noch mehr Fragen zur Anwachsung haben, können Sie mich gerne in meiner Steuerberatungskanzlei aufsuchen.
Als langjähriger Steuerberater in Hamburg kann ich Ihnen zeigen, worauf Sie bei dieser Form der Unternehmensumwandlung konkret achten müssen und wie Sie konkret vorgehen, um sich alle Vorteile zu sichern.
Für ein persönliches Gespräch können Sie mich jederzeit via Telefon (+49 40 443311), E-Mail (anfrage@stb-breit.de) oder meinem Kontaktformular (hier klicken!) erreichen.
Herzlichst,
Ihr Thomas Breit
Ich will mehr über Unternehmensumwandlungen wissen!
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